Noten kopieren - Die Rechtslage

Wer Noten einfach ohne Genehmigung kopiert oder eingescannte oder abfotographierte Noten vervielfältigt, per Mail verschickt etc., schädigt die Urheber, Autoren und Verlage und verhält sich nicht rechtskonform. Anbei ein Artikel zum Thema und zur Verwertungsgesellschaft VG-Musikedition. Gleiches gilt für CCLI, die vermehrt die Verwertung christlicher Werke repräsentiert.

Die Rechtslage

 

Die Rechtslage zum Kopieren von Noten ist nach wie vor klar und eindeutig: Das Vervielfältigen von Noten (egal, ob durch Fotokopieren oder mittels anderer Techniken, wie zum Beispiel scannen, faxen, Darstellungen auf Bildschirmen) ist nach § 53 Abs. 4 UrhG ohne Zustimmung des Urhebers oder des Verlages verboten! 

Im Klartext bedeutet dies:

Das Verbot gilt ohne wenn und aber! Das Vervielfältigen von Noten kann nicht durch einen bestimmten Zweck gerechtfertigt werden.

Ohne vorherige Zustimmung des Rechteinhabers ist und bleibt das Vervielfältigen von Noten unzulässig zum Umblättern, für die Früherziehung, für Bandworkshops, für die Ausbildung, für die Prüfungsvorbereitung, und so weiter.

Die gesetzlich zugelassene Ausnahme (Kopie zur Aufnahme eines eigenen Werkstückes in eigenes Archiv oder eines seit zwei Jahren vergriffenen Werkes) spielen in der Musikschul-Praxis keine Rolle.

Zulässig ist nur das erneute Abschreiben von Noten, wobei es keine Rolle spielt, ob das Abschreiben handschriftlich, mit PC oder Schreibmaschine erfolgt. Aber: Auch das Abgeschriebene darf wiederum nur abgeschrieben, und nicht kopiert werden!

Das Kopierverbot von Noten ist im deutschen Urheberrecht insoweit eine Besonderheit, da im Übrigen die Vervielfältigung von urheberrechtlich geschützten Werken oder Leistungen für private Zwecke grundsätzlich gestattet ist.

 

VG Musikedition = Die Lizenz zum Notenkopieren?

Das Kopieren von Noten ist nur mit vorheriger Zustimmung der Rechtsinhaber zulässig. Die Rechtsinhaber sind entweder der Komponist, sein Verlag oder eben die VG Musikedition, wenn die Vervielfältigungsrechte von Komponist oder dem Verlag auf die VG Musikedition übertragen worden sind. Die VGM besitzt die Vervielfältigungsrechte daher eines Großteils der Musikverlage. Wer also Noten kopieren möchte, hat – wenn er die Voraussetzungen eines Musikinstituts erfüllt – die kostenpflichtige Lizenz bei der VGM einzuholen. Die Rechtslage ist vergleichbar mit der Lizenzeinholung bei der GEMA: Wer Musik nutzen möchte, hat vor der Nutzung die kostenpflichtige Lizenz bei der GEMA einzuholen.

 

Wie erhält man die Lizenz zum Kopieren von Noten?

Das Kopieren von Noten ist nur zulässig, wenn entweder der Rechtsinhaber (Urheber oder Verlag) die Zustimmung erteilt hat oder das Musikinstitut vor dem Kopieren einen Lizenzvertrag mit der VGM abgeschlossen hat. Der Lizenzvertrag kann auf der Webseite der VGM (www.vgmusikedition.de) heruntergeladen werden. Zu beachten ist, dass die VGM aktuell eine Lizenz nur an Musikinstitute erteilt. Unklar ist dabei, unter welchen Voraussetzungen von einem Musikinstitut gesprochen werden kann. Hierzu hat sich die VGM noch nicht abschließend geäußert. Grundsätzlich wird wohl eine gewisse Grundorganisation zu fordern sein, die über das typische Unterrichten eines Einzelpädagogen hinausgeht. Dies bedeutet, dass Einzelpädagogen keine Lizenz zum Kopieren bei der VGM erhalten. Einzelpädagoge müssen sich daher direkt an die jeweiligen Verlage wenden.

 

Was kostet die Lizenz zum Kopieren?

Die jährliche Lizenzgebühr beträgt aktuell 15 Euro zzgl. 7 % MwSt. pro Schüler einer Musikschule.

 

Wie wird die Schülerzahl ermittelt?

Es ist nach folgender Formel vorzugehen: Gesamtschülerzahl minus Anzahl der „befreiten“ Schüler. Die Ermittlung der Gesamtschülerzahl bei Abschluss des Lizenzvertrages wird keine Schwierigkeiten verursachen. Bei der Berechnung ist nicht das Datum des Abschlusses des Unterrichtsvertrages, sondern sein Beginn entscheidend. Die Anzahl der befreiten Schüler ist wie folgt zu berechnen: Schüler, die ausschließlich an Kursen teilnehmen, in welchen keine lizenzpflichtigen Noten verwendet werden oder bereits von Dritten (nicht von der VGM) rechtmäßig lizenzierte Vervielfältigungsstücke (Fotokopien) von Noten verwendet werden und die Musikschule dies durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachweist und die VGM dieser Ausnahmeregelung zustimmt. „Befreit“ sind hauptsächlich Früherziehungskurse nach eigenem Programm, Improvisationskurse oder ähnliche Angebote. Nicht befreit sind grundsätzlich Instrumentalkurse, Orchester- und Chorgruppen, Gesangskurse und vergleichbare Lehrveranstaltungen.

 

Die Meldepflichten

Das Musikinstitut verpflichtet sich im Lizenzvertrag, die aktuelle Schülerzahl - mit Stand vom 31. Dezember des Vorjahres - jährlich bis zum 15. Februar des laufenden Jahres mitzuteilen, und zwar unter Vorlage geeigneter und aktualisierter Nachweise für die Anzahl der „befreiten“ Schüler. Sollten Stichproben ergeben, dass die genannte Anzahl der „befreiten“ Schüler zu hoch angegeben wurde, wird nach dem Lizenzvertrag eine Konventionalstrafe in Höhe von 20 Prozent des jährlichen Pauschalbetrages fällig.

 

Wann sind die Lizenzzahlungen fällig?

Der jährliche Pauschalbetrag ist fällig zum 31. März eines Jahres nach Rechnungsstellung durch die VGM. Sollte die Zahlung des jährlichen Pauschalbetrages in Einzelfällen nicht möglich sein, kann der Betrag unter Vorlage entsprechender Nachweise in vierteljährlichen Raten (jeweils zum Quartalsende eines Kalenderjahres) bezahlt werden. In diesen Fällen zahlt das Musikinstitut den sich jeweils ergebenden Betrag ohne zusätzliche Rechnungsstellung durch die VGM.

 

Wie müssen die kopierten Noten der VG Musikedition gemeldet werden?

Der VGM ist vierteljährlich zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober eine Aufstellung über die hergestellten Fotokopien (Titelliste) zu übermitteln. Mit Abschluss des Lizenzvertrages erhält das Musikinstitut ein Formular zur verwaltungseinfachen Durchführung. Dabei ist zu beachten, dass das Prozedere der Titelübermittlung zwischen der VGM und dem Musikinstitut individuell vereinbart werden kann. Als Eingangsfristen für die Titellisten gelten der 10. Januar, 10. April, 10. Juli sowie der 10. Oktober; bei Säumnis zahlt das Musikinstitut/Musikschule 75 Euro. Die Zahlung des Säumnisbetrages lässt den Anspruch auf Übersendung der Titellisten unberührt. Werden der VGM gar keine Titellisten übersandt, wird eine Vertragsstrafe in Höhe von 750 Euro fällig.

Sollten in Abrechnungszeiten keine Kopien erstellt werden, wird die Übersendung einer so genannten Nullmeldung angeraten!

 

Erlaubt: Was darf mit dem Lizenzvertrag kopiert werden?

Hat das Musikinstitut einen Lizenzvertrag mit der VGM abgeschlossen, dürfen Noten wie folgt kopiert werden:

Kleine Werke mit maximal fünf Minuten Spieldauer vollständig.

Bis maximal 20 Prozent des gesamten Werkes und/oder der gesamten Ausgabe bei den übrigen Werken/Ausgaben (also nicht kleinen Werken).

Die Vervielfältigungsstücke dürfen ausschließlich von einem Mitarbeiter beziehungsweise einer Lehrkraft des Musikinstituts angefertigt werden.

 

Verboten: Was darf trotz Lizenzvertrag nicht kopiert werden?

Das Kopieren von Kopien ist unzulässig! Die Kopie muss von einer Originalausgabe erstellt werden.

Das Anfertigen von Farbkopien ist nicht gestattet.

Die Benutzung von mitgebrachten Kopien von Schülern bleibt weiterhin grundsätzlich unzulässig!

Die Kopie darf ausschließlich unentgeltlich und auch nur an Schüler des Musikinstituts oder an Juroren bei musikschulinternen Wettbewerben zu deren alleinigen Gebrauch weitergegeben werden!

Weiterhin unzulässig ist die grafische Vervielfältigung zur öffentlichen Wiedergabe, insbesondere der Aufführung (auch zum Umblättern!).

 

Wann kann der Lizenzvertrag wieder gekündigt werden?

Der Lizenzvertrag hat keine feste Mindestlaufzeit. Er kann schriftlich mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden.

 

Wer haftet für Verstöße der Dozenten?

Nach § 99 UrhG haftet der Inhaber des Musikinstituts auch für die von seinen Mitarbeitern/Dozenten begangenen Verstöße gegen das Kopierverbot. Aus diesem Grunde sollte eine Ergänzung zu dem bestehenden Vertrag mit Dozenten und Mitarbeitern vereinbart werden, in der das Kopieren von Noten geregelt wird.

 

Erweiterung der Lizenz auf Ensembles

Aktuell bietet die VGM einen Lizenzvertrag für Musikinstitute auch ausschließlich für ihre Ensembles an. Der Lizenzvertrag entspricht im Übrigen im Wesentlichen dem dargestellten Lizenzvertrag für Musikinstitute.

 

Gemeinfreie Werke

Nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist, also 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (Komponist, Texter), ist das Kopieren von Noten grundsätzlich zulässig. Da es im Gegensatz zu den Tonträgerherstellern kein Leistungsschutzrecht der Verlage im deutschen Urheberrecht gibt, ist nach Ablauf der Schutzfrist eine Vervielfältigung der Noten und auch das Kopieren von Noten aus verlegten Notenheften erlaubt, ohne dass dies der Verlag unterbinden kann. Etwas anderes kann nur gelten, wenn es sich bei der Notenausgabe um eine sogenannte wissenschaftliche Ausgabe handelt. Nach § 70 UrhG werden Ausgaben urheberrechtlich nicht geschützter Werke oder Texte weiterhin geschützt, wenn sie das Ergebnis wissenschaftlich sichtender Tätigkeit darstellen und sich wesentlich von den bisher bekannten Ausgaben der Werke oder Texte unterscheiden. Wann diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Ein Vervielfältigen solcher Ausgaben ist aber gleichwohl zulässig, soweit ein einzelnes gemeinfreies Werk betroffen und nicht die Eigenart der Zusammenstellung der Ausgabe vervielfältigt wird. 

Das Recht an der wissenschaftlichen Ausgabe steht dem Verfasser der Ausgabe zu und erlischt fünfundzwanzig Jahre nach dem Erscheinen der Ausgabe, jedoch bereits fünfundzwanzig Jahre nach der Herstellung, wenn die Ausgabe innerhalb dieser Frist nicht erschienen ist.

 

Ausblick

Wesentlich erscheint, dass die Aufführungsrechte mit dem vereinbarten Lizenzvertrag nicht übertragen werden. Dies bedeutet, dass das Musikinstitut die angefertigten Kopien nicht für öffentliche Auftritte verwenden darf. Ob insoweit der Abschluss des Lizenzvertrages Sinn macht, bleibt fraglich. Weiterhin stellt das grundsätzliche Kopierverbot von Noten zumindest bei Nutzungen im privaten Bereich einen Fremdkörper im Urheberrecht dar. Während grundsätzlich urheberrechtlich geschützte Werke nach § 53 UrhG im privaten Bereich zulässig sind, umfasst das Kopierverbot von Noten gerade auch den privaten Bereich. Der Anspruch auf Vergütung für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke ist anerkannt und richtig. Das Kopierverbot von Noten für die reine private Nutzung geht aber an der Lebenswirklichkeit vorbei. 

Zudem werden auf die Kopiergeräte entsprechende Abgaben erhoben, die auch die Vervielfältigung von Noten mitabgelten sollten. Es bleibt zu hoffen und zu fordern, dass die Komponisten und Verlage mit den Nutzern eine in beiderseitigem Interesse liegende ausgewogene Einigung finden.

aus: nmz (Neue Musikzeitung 11/2011)